Sonntag, 25. September 2016

Das Rentenspiel

„That's why my girlfriend and I broke up: she wanted kids, and I … (…) I would never bring a kid to this fucking planet.” (Bill Hicks)
Ich erlebe bei Berufstätigen um die fünfzig zwei Phänomene: Resignation und Depression. Manche resignieren und finden ihren Job und ihren Arbeitgeber inzwischen eigentlich ganz gut. In dem Alter gibt es ohnehin keinen Wechsel mehr, also findet man sich mit allem ab. Die weniger Glücklichen erkennen die Falle, den miesen Job, den sie jetzt noch zwanzig Jahre machen müssen, und hadern mit dem Schicksal. Es gibt kein Happy End, sondern nur die zweite Hälfte eines entwürdigenden Marathons. Also reagieren sie mit Depression, Alkoholismus, Burn-Out-Syndrom und Eskapismus.
Wer jetzt fünfzig ist, muss mindestens bis siebzig arbeiten, machen wir uns nichts vor. Der aktuellen Rentenregelung können wir nicht trauen, nach der Bundestagswahl 2017 wird das Möhrenbündel für den Esel etwas weiter vor der Schnauze platziert. Grausamkeiten werden traditionell direkt nach den Wahlen begangen, wenn die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sind. Bis zur nächsten Wahl sind sie längst wieder vergessen.
In den zwanziger Jahren wird das Renteneintrittsalter auf 73 Jahre erhöht, so empfehlen es die Experten der Bundesregierung. Die geburtenstarken Jahrgänge meiner Generation sprengen sonst die Rentenkasse und kannibalisieren die Altersvorsorge ihrer Kinder. Das heißt: Mit fünfzig hat man noch ein knappes Vierteljahrhundert im Job vor sich und die Aufstiegschancen im Regelfall hinter sich. Für viele ist der fünfzigste Geburtstag noch nicht einmal der Halbzeitgong ihres Berufslebens.
Und wieder einmal: Vorteil Andy Bonetti. Dieser Mann geht überhaupt nicht in Rente. Er wird bis zur letzten Druckerpatrone schreiben …
P.S.: Den Abgeordneten des Bundestages, die mit schöner Regelmäßigkeit das Renteneintrittsalter erhöhen, genügen übrigens schon wenige Jahre bis zur Pensionsberechtigung. Am Schweinetrog der Macht sind längst alle Hemmungen gefallen, dort gibt es keine große Koalition mehr, sondern die totale Koalition sämtlicher Politiker aller deutschen Parteien. Angeblich sind die Abgeordneten ja in ihren Entscheidungen nur dem eigenen Gewissen als letzter Instanz unterworfen. Welches Gewissen?!
Fischer Z – Pretty Paracetamol. https://www.youtube.com/watch?v=0ToaPuOr99E

5 Kommentare:

  1. Der Zeit übernimmt beim Rentenroulette den bestimmenden Faktor.
    Der dusselige Deutsche soll sich tot arbeiten, bevor er Rente bekommen kann.

    Oder endlich Vermögen bilden. Ist doch kein Problem, "jeder kann es schaffen" (G. Schröder, großer dt. Philosoph der Gegenwart und Zukunft, sowie gütger Vater aller Werktätigen)

    Und die Idioten wählen diese Scheisser immer wieder.

    Die LINKE haben die Deutschen solange erfolgreich ignoriert, bis auch deren Postenjäger dem Dienstwagensyndrom verfallen mussten, um wenigstens für sich etwas vom Kuchen abzubekommen.

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  2. In meiner Lokalzeitung finden sich auf den ersten Blick außergewöhnlich viele Todesanzeigen von Leuten geboren zwischen 1960 und 1975. Die Politik möchte, dass die Altersgruppe was das Sterbealter angeht standard wird. Mir war immer schon klar, ich werde allein schon aus gesundheitlichen Gründen nie 50, da mache ich mir überhaupt keine Illusionen, mir flattern nicht gerade selten Todesanzeigen Gleichaltriger oder jüngerer ins Haus, aber es tut mir leid für Leute wie den Mit-Künstler, der ackert sich doch jetzt schon kaputt und das noch 40 Jahre, dann wäre er 76. Mal ganz abgesehen davon, dass das für etwas anderes Tür und Tor öffnet. Denn es ist normal, dass ein Körper im Laufe der Zeit verschleißt, auch wenn das von der Politik ausgeklammert werden soll. Und was machen die dann wohl mit den Ausrangierten... Nein, ich bin nicht paranoid. Meine 60-jährige psychisch arg angeschlagene Mutter soll jetzt in der Demenzpflege anheuern.

    Recaptcha mal wieder: zeigt keine Bilder, also Versuch Nr. 5

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    1. Ich habe einen BMI von 40 - ich werde wohl auch kein Rentner mehr ;o)))

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    2. Könnte natürlich auch Vorteile haben - schade, dass man das so sagen muss :( -, ergo: Du endest nicht als Soylent Green, musst dich nicht von Personal "pflegen" lassen, dass kompatibel oder nicht, in diesen Beruf gesteckt wird und dich möglicherweise "versehentlich" um die Ecke bringt etc. Die Zustände sind jetzt schon katastrophal, ich habe in den letzten Monaten im Rahmen der Proteste mir nicht wenigen Leuten gesprochen und Walburga kennt so einige Horrorstories aus Berlin. Ein Freund von mir, dein Jahrgang, rennt sich die Hacken wund auf einer Stuttgarter Station, auf der er die einzige examinierte Kraft ist, steht also immer mit mindestens einem Bein im Knast und mit dem anderen im Grab... Dass der ursprünglich umgeschult wurde von Pflegekraft zu Sachbearbeitung hin weil er körperlich total im Arsch ist juckt kein Amt und kein Schwein.

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