Montag, 28. November 2016

Der alte Geldadel

Das Unternehmen Boehringer Ingelheim ist heute recht bekannt. Es ist das größte familiengeführte Pharmaunternehmen Deutschlands und das zweitgrößte insgesamt hinter Bayer. Aber in der Kaiserzeit zog zunächst der Frankfurter Geldadel nach Ingelheim.
Der Frankfurter Wechselmakler Löb Moses (1780 – 1857) war erfolgreich und setzte den Grundstein zu einer neuen Dynastie des deutschen Geldadels, später änderte er seinen Namen in Ludwig Moritz Erlanger. Sein Sohn Raphael gründete 1848 in Frankfurt eine Bank (die erste neben Rothschild) und wurde aufgrund seiner Verdienste als Finanzier diverser europäischer Regierungen in den Adelsstand erhoben.
Raphael Freiherr von Erlanger (1806 – 1878) hatte fünf Kinder. Friedrich Emil Erlanger, sein ältester Sohn, wurde bereits mit 19 Jahren für mündig erklärt und stieg ins Bankgeschäft ein. Er heiratete in die besten Kreise von Paris ein, übernahm die Bankgeschäfte der Familie seiner Frau und nannte sich fortan Frédéric Emile Baron d’Erlanger, nachdem ihn der österreichische Kaiser in den erblichen Adelsstand erhoben hatte. In zweiter Ehe heiratete er eine Südstaatenschönheit und Plantagenbesitzerin, die er in New Orleans kennengelernt hatte. Er gilt als Erfinder der Hochrisikoanleihe, investierte weltweit in Eisenbahnen und Minen, spekulierte im amerikanischen Bürgerkrieg mit Baumwolle und war am Bau des Simplontunnels beteiligt. Die Stadt Erlanger in Kentucky ist nach ihm benannt.
Sein Halbbruder Wilhelm Hermann Carl Freiherr von Erlanger (1834 – 1909) wurde Justitiar der Bank, die später in der Dresdner Bank aufgehen sollte. Er kaufte in Nieder-Ingelheim ein Hofgut und Land bis zum Ufer des Rheins. Niemand zahlte damals in Ingelheim mehr Steuern als die Familie Erlanger. Mit seinen Söhnen begann der Niedergang. Der ältere Sohn Emil Alexander verwettete ein Vermögen, wurde von der Erbfolge ausgeschlossen und verschwand ins Ausland. Der jüngere Sohn Carlo wurde Ornithologe, machte Forschungsreisen durch Afrika und starb 1904 einen Tag vor seinem 32. Geburtstag bei einem Unfall mit seinem Automobil in Salzburg.
Das Land kaufte die Familie Boehringer. Heute steht dort ihr Unternehmen.

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