Mittwoch, 29. Juni 2011

Bimbes für Hellas

Fassen wir mal zusammen: Der deutsche Steuerzahler blecht für die griechischen Staatsschulden in der Größenordnung einer schönen allgemeinen Einkommensteuersenkung. Das Geld bekommen aber eigentlich nicht die Griechen, sondern die Leute, bei denen die Griechen Schulden haben. Der durchschnittliche Deutsche hat nix davon und der durchschnittliche Grieche bekommt sogar Gehaltskürzungen plus Steuererhöhungen aufgebrummt. Wo landet also das ganze Geld? Bei den Banken. Die bekanntlich die Ursache der gesamten Wirtschafts- und Finanzkrise seit drei Jahren sind. Nicht bei den Leuten, die das Geld gleich in den nächsten Laden tragen und die guten alten Wertschöpfungsketten so richtig in Schwung bringen, sondern bei den Leuten, die mit dem Geld die Rohstoff- und Lebensmittelpreise spekulativ in die Höhe treiben, landen die mühsam erarbeiteten Milliarden. Also jetzt mal im Ernst: Wie lange schauen wir uns dieses destruktive Spektakel einer durchgedrehten Kaste von Zockern noch an und wann verstaatlichen wir endlich das Finanzsystem?

Informationen zum Berufsbild des Autors, Teil 2

Was sich auf dem Schreibtisch eines Autors typischerweise befindet:

Ein Kochlöffel, der mir als Rückenkratzer dient

Ein Modell des Millenium-Falken aus Star Wars

Ein klobiges schwarzes Riesenhandy mit Schnur

Ein sogenannter Ghetto-Blaster

Ein Ablagekorb, der vor zehn Jahren mal ein System hatte – jetzt schlicht voll

Eine leere Heinz Baked Beans-Dose, in der Bleistifte und Kugelschreiber aus mehreren Epochen und Hotelzimmern zueinander gefunden haben

Ein Notizheft

Zahnstocher

Eine Schere

Ein Locher, obwohl mir das Lochen längst vergangen ist

Noch mehr Stifte, teilweise leer

Ein Flaschenöffner und ein Korkenzieher

Eine kleine flache Vase voller Büroklammern

Ein Notebook

Ephemere Erscheinungen wie Notizzettel, Rechnungen, Ansichtskarten und Korken

P.S.: Mein Schreibtisch hat keine Schubladen. Das diszipliniert unheimlich.

Dienstag, 28. Juni 2011

Informationen zum Berufsbild des Autors

Oft werde ich gefragt, ob die Arbeit als Autor nicht eine sehr einsame sei. Entsprechende Anfragen aus den Redaktionen des In- und Auslandes beantworte ich gewöhnlich mit einer Liste meiner Mitarbeiter:

Mundschenk (zuständig für geistige Getränke und liquide Erfrischungen aller Art)

Bauknecht (zuständig für stimulierende Inhalate, siehe auch: Alphorn-Rauchen)

Vier hawaiianische Mönche, die in ihrem Kräutergarten die Stimulanzien anbauen

Ein Schallplattenunterhalter, der für die musikalische Untermalung meines Kunstschaffens sorgt

Zwei nubische Prinzessinnen, die mich geißeln, wenn mir 15 Minuten nichts Geniales einfällt

Ein Koch für die Hauptmahlzeiten

Zwei Köche für die Zwischenmahlzeiten

Vier Gravitationsassistenten, die meine Sänfte tragen und ganz grundsätzlich verhindern, dass ich dem Erdmittelpunkt entgegen stürze

Terminverhinderer (je geringer die Anzahl meiner Termine, desto höher ist sein Lohn)

Taoistischer Priester, der die spirituelle Reinheit und Harmonie meiner Arbeitsumgebung sichert

Audio-Editor (der meine mündlichen Ergüsse aufzeichnet)

Botschafter (Kontakt zum Verlag und zur Presse)

Archivar (hütet alle Aufzeichnungen seit den ersten Kinderkritzeleien)

Laudator (lobpreiset meine intellektuellen Ausdünstungen von früh bis spät)

Lordsiegelbewahrer (auch für meinen Hausschlüssel zuständig)

Schatzmeister (Hüter der legendären Smaragdgruft)

Generalorganisator (zuständig fürs Personal und die Sicherheit des Wohnturms, in dem ich an einem großen Roman arbeite, der dem faschistoiden Finanzimperialismus die Maske von der leprösen Fratze reißen wird – in fünf oder zehn Jahren)

Best Boy („Mädchen für alles“, sorgt für ein gepflegtes Wohnambiente und geht für mich einkaufen)

Donnerstag, 16. Juni 2011

Das liebe Geld

„Kohle, Zaster, Moneten, Knete, Mäuse, Penunzen, Kies, Schotter, Moos, Groschen, Taler, Bares, Cash, Kröten, Asche, Money, Mammon, Blüten, Peanuts“ heißt es in einem Wörterbuch, man kann es auch als Euro, Dollar, Yen usw. oder schlicht als Zahlungsmittel bezeichnen. Die Rede ist von Geld. Ich glaube, für Geld haben wir im Deutschen mehr Worte als die Eskimos für Schnee.

Werbewahnwitz

Soll ich es „Fundstück der Woche“ nennen? Oder ist es schlicht ein winziges Puzzlestück des Wahnsinns, in dem wir uns längst behaglich eingerichtet haben? Zu danken habe ich aber zunächst den Initiatoren der Internetseite „Schlaglochpate.de“, die wunderbarerweise den Berliner Finanzsenator Nussbaum im Winter 2010 inspiriert haben, zahlungskräftige Paten für tausende Schlaglöcher in der Hauptstadt zu finden. Warum, so fragen wir uns seitdem alle, können wir nicht einfach eine Patenschaft für ein Schlagloch übernehmen? Der Lohn ist uns gewiss: die tiefempfundene und immerwährende Anerkennung der Verkehrsteilnehmer. Außerdem dürfen wir ein Werbelogo unseres Unternehmens auf dem selbstfinanzierten Asphalt anbringen, mit dem das Loch gestopft wird. Kurz und gut: Es handelt sich bei jedem Schlagloch dieser Republik um eine „perfekte Werbeplattform“, wie man uns auf der oben genannten Internetseite vollmundig verspricht. Zudem entlasten wir auf diese Weise den Staat, der mit unseren Steuergeldern gerade in Athen die gröbsten Löcher stopfen muss. Es erinnert mich ein bisschen an Tom Sawyer, der von einem anderen Kind (namens Ben Rogers) einen Apfel will, damit es auch mal den Zaun anstreichen darf. Für wie blöd hält uns die Reklameindustrie eigentlich? Mein alter Freund und Kupferstecher Dirk Bockius hat neulich folgende Werbung für Rasensprenger entdeckt: "Verbraucht 30 Prozent weniger Wasser!" Denken die Werbefuzzis wirklich, dass ihre Verblödungsstrategie inzwischen aufgegangen ist? Sind wir so bescheuert? Eine Bank wirbt mit zweistelligenTraumrenditen für ihre Fonds, im Kleingedruckten wird als Referenzrahmen der Zeitraum „1975 bis 2000“ angegeben. Auf der Seite von „Schlaglochpate.de“ hat sich übrigens bisher noch kein einziger Pate eingefunden. Es besteht also noch Hoffnung.

Freitag, 10. Juni 2011

Die traurigen Kinder des Mauerparks

Wie man hört, soll die „Bürgerwerkstatt Mauerpark“ die letzte Ölung erhalten haben, weil die SPD im Senat keine neuen Fördermittel beschaffen konnte. Ist das notwendig? Muss sich die Bürgerwerkstatt auflösen? Müssen wirklich erst 200.000 Euro überwiesen werden, damit Bürger sich für den Mauerpark interessieren und engagieren? Warum arbeitet die Bürgerwerkstatt nicht einfach ehrenamtlich und ohne staatliche Alimentierung weiter wie all die anderen Bürgerinitiativen und Gruppen auch? Wieso braucht ein gutes Dutzend interessierter Bürger überhaupt so ein sündhaft teures Moderatorenteam und einen so üppig bezahlten Planungsapparat wie die Grün Berlin GmbH? Die Werkstattmitglieder könnten sich kostenlos in einem öffentlichen Gebäude (z.B. Schule oder Jugendzentrum) oder einem Gasthaus treffen, um zu diskutieren. Die „Kieze im Dialog“ als Bürgerwerkstattfortsetzung hat sich doch schon einmal auf dem Kinderbauernhof im Mauerpark getroffen - ohne Catering auf Steuerzahlers Kosten. Da bringt man sich eben seine Stulle und seine Thermoskanne Kaffee selbst mit, ist doch kein Problem. Papier und Stifte sind auch privat finanzierbar - und schon kann es mit der Planung weitergehen. Die Aktiven der Bürgerwerkstatt sind erfahren genug in diesen Dingen, sie müssen nicht warten, bis Vati Stadt sie an die Hand nimmt wie unmündige Kinder. Die Werkstatt sollte lernen, sich selbst zu organisieren. Die Passivität und die Anspruchsmentalität, mit der man jetzt Subventionen „von oben“ abwartet, ohne die angeblich die weiteren Gespräche eines Häufleins Bürger unmöglich sind, empfinde ich als peinlich und unreif. Macht euren Plan und kämpft dafür! Stattdessen wird die ganze Energie der Werkstatt für Arien des Selbstmitleids verschwendet. Statt rumzujammern wie ein altes Waschweib, würde ich die Energie lieber in die weitere Arbeit für den Park stecken.