Donnerstag, 25. August 2011

Vor der Wahl

Wenn wir in Berlin oder anderswo eine politische Wahl haben, dann geht es für uns Wähler nicht ins KaDeWE, sondern zu Kik. Wir müssen uns mit dem Sortiment zufrieden geben, das uns angeboten wird. Viel ist es nicht. Was wähle ich denn dieses Mal? Das Herz schlägt links, der Verstand hat längst resigniert. Schließlich warte ich seit 30 Jahren darauf, dass der Kapitalismus an seinen inneren Widersprüchen zerbricht. Die Linken? Waren gerade zwei Legislaturperioden an der Macht, gemerkt habe ich nix. SPD und Grüne gehören politisch zur Mitte, wie ihre Kollegen von der CDU und der FDP. Die „Partei für Soziale Gerechtigkeit“ (PSG)? Immerhin sprechen sie in einem Fernsehwerbespot von Revolution. Hoffentlich nicht wieder nur so ein Wahlkampfversprechen. Auf ihrer Homepage werben sie für das Recht auf Arbeit – finde ich nicht gut. Andererseits setzen sie sich für den anstrengungslosen Wohlstand eines allgemeinen und bedingungslosen Grundeinkommens ein, mit dem ich seit Jahr und Tag liebäugele. Ich habe allerdings keine Ahnung, was die „IV. Internationale“ sein soll. Da habe ich wohl die ersten drei Teile verpasst. Gibt’s bestimmt bald als DVD in der praktischen Geschenkbox, so wie Matrix. Die Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands (APPD)? Hat sich gerade ganz humorlos gespalten –typisch links. Die DKP? Die war schon in meiner Kindheit extrem uncool. Ist „Die Partei“ der Titanic-Redaktion eine echte linke Alternative? Oder wähle ich damit nicht den Zynismus? Die Piratenpartei erscheint auf den ersten Blick sympathisch, will aber meinen Urheberrechten als Autor ans Leder. Wie das endet, kenne ich von den Kollegen aus der Musikbranche. Ich könnte natürlich auch in den Kreis, in dem ein Kreuz platziert werden soll, ein Anarcho-A reinmalen. Oder ich lass den Wahlzettel heimlich in der Hosentasche verschwinden und stecke ein Gedicht in den Umschlag. Wahl ist Qual. Heißt wählen aber umgekehrt nicht auch quälen? Nur mal so ein Gedanke: Wenn wir jetzt einfach alle die „Bürgerrechtsbewegung Solidarität“ wählen? Da wäre echt was los. Die wollen den Kapitalismus abschaffen, aber die D-Mark wieder einführen. „Globale Zusammenbruchskrise außer Kontrolle“, heißt es auf der entsprechenden Homepage. Sie planen schwimmende Atomkraftwerke, mit denen das Meerwasser entsalzt werden soll. Damit verhindert man künftige Kriege um Trinkwasser. Ferner setzt sich diese Partei für einen Tunnel ein, der Sibirien und Alaska miteinander verbinden soll. Solche ungewöhnlichen Beispiele für politische Kreativität suche ich in den Parteiprogrammen des Establishments vergeblich. Und der Klimawandel sei im übrigen ein groß angelegter Schwindel der Ökologiebewegung, um an die Macht zu kommen. Das Wetter ist nämlich gar nicht so schlecht! Ich sage ja: Wir stehen im Kik und sollen uns was aussuchen. Danke für nichts.

Samstag, 20. August 2011

Parerga und Paralipomena


Mein genetischer Auftrag heißt: Leben. Von Arbeit hat keiner was gesagt.

Altern Atome eigentlich? Oder leben die kleinen Biester ewig?

„Sackhaar“ ist kein schöner Nachname

Während Herr S. mir eine Geschichte erzählt, beobachte ich fasziniert, wie ein grünes geflügeltes Insekt seinen Kragen entlang läuft, unbemerkt seine Gesichtsbacke überquert und dann in sein Ohr kriecht – was zu hektischen Zuckungen und Kratzbewegungen seitens des Herrn S. führt.

Die Antworten, die man sich selbst gibt, sind die wertvollsten.

Seit unser Bewusstsein gelernt hat, durch die Zeit zu reisen, springen wir permanent weg aus der Gegenwart.

In dieser Stadt sollte ein Jahr lang alles umgekehrt sein: Die Putzfrau, die nur albanisch und kein Wort deutsch versteht, wird Bürgermeisterin; der alte Bürgermeister hält mit seiner Harke die Parks sauber.

Wir werden gentechnisch veränderte Schmetterlinge entwickeln, die sich von unserem Müll ernähren. Die Zukunft wird schön.

Thema: Hemden. Warum wollen Holzfäller eigentlich immer aussehen wie Grunge-Musiker oder Lesben?

Er stammte aus einem entzückenden kleinen Resistenzstädtchen in der rheinischen Provinz.

Ein graues Haar
Ist wunderbar.
Auch tausend Stück
Sind noch ein Glück.
Dann bist du weiß –
So ein Scheiß!