Donnerstag, 30. Januar 2014

Berlin und Schweppenhausen – ein Vergleich

Wenn man Berlin mit Schweppenhausen vergleicht, fallen selbst dem oberflächlichen Betrachter zunächst einmal die Größenunterschiede auf. Die Bundeshauptstadt wird von über drei Millionen Menschen bevölkert, während das Hunsrückdorf noch nicht einmal neunhundert Einwohner vorzuweisen hat. Berlin hat eine Gesamtfläche von 892 Quadratkilometern, in Schweppenhausen bin ich bequem in einer Viertelstunde ans andere Dorfende gelaufen, wo sich der Fußballplatz befindet. Hertha BSC spielt in einer anderen Liga als der TuS 09 Schweppenhausen und muss auch keine Spielgemeinschaft mit einer Nachbargemeinde bilden. Beide Clubs wurden übrigens zu meinen Lebzeiten nie deutscher Meister. Bei vielen Parametern des Vergleichs schlägt die Großstadt das Dorf.
Schweppenhausen hat aber auch unbestreitbar einige Vorteile gegenüber Berlin. So habe ich in zwanzig Jahren Berlin nicht ein einziges Mal den Regierenden Bürgermeister getroffen, hier kenne ich den Ortsbürgermeister persönlich. Er wohnt sogar in meiner Straße und wir sind per du. Soviel Aufmerksamkeit haben mir Diepgen und Wowereit in all den Jahren nicht geschenkt. Und während Berlin seit Jahren in einer Orgie der Schlamperei und Inkompetenz den Bau eines einfachen Flughafens nicht hinbekommt, wurde in Schweppenhausen Gerds Garage in einem Bruchteil der Zeit schnell und unbürokratisch in die „Bierpumpe“ umgebaut. Auf den Straßen der Hauptstadt ist es vor allem nachts brandgefährlich, hier im Ort muss man eigentlich nur aufpassen, wenn der Franz* (*: Name von der Redaktion nicht geändert) mal wieder auf einen Traktor steigt. Berlin hatte den Bankenskandal und verlor Milliarden, in Schweppenhausen musste unlängst ein Weingut wegen Weinpanscherei schließen. Bei den Berliner Filmfestspielen wird der Goldene Bär verliehen, hier bei uns, nur ein paar Ortschaften weiter, findet die Wahl zur Miss Kreppel statt. Wer über all das informiert sein will, muss sich in Berlin täglich durch den Tagesspiegel, die Berliner Morgenpost, die taz und die Berliner Zeitung quälen, hier genügen das wöchentlich erscheinende Amtsblatt und der Gartenzaun. Bei näherem Hinsehen ähneln sich Berlin und Schweppenhausen sogar unter manchen Aspekten. Nur die Dimensionen sind ein wenig anders.
P.S.: „Kreppel“ heißen auf Hochdeutsch „Berliner“. Außer in Berlin, da heißen sie Pfannkuchen. Aber in Paris heißen die Pariser ja auch nicht Pariser, sondern Londoner. Und in Wien heißen die Wiener Würstchen auch nicht Wiener, sondern Frankfurter.

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