Dienstag, 7. Januar 2014

Geistige und materielle Armut

An der Debatte über die seit 1. Januar geltende Regelung, dass Menschen aus Bulgarien und Rumänien ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik nehmen und hierzulande arbeiten können, sieht man einmal mehr, auf welch abenteuerlichem Niveau die politische Diskussion in Deutschland angekommen ist: Es dominieren die Extremisten aus dem linken und dem rechten Lager. Die einen warnen aufgeregt vor „Armutseinwanderung“ und Überfremdung, die anderen loben die „Freizügigkeit“ der Gesetzesänderung und versprechen vollmundig die vollständige Integration sämtlicher Neubürger. Sicherlich gehören Übertreibung und Überzeichnung zum Geschäftsmodell ambitionierter Journalisten und Politiker. Schließlich sichern hohe Auflagen und gute Wahlergebnisse die Arbeitsplätze vieler berufsmäßiger Schreihälse. Der Kampf um die Aufmerksamkeit und die Zustimmung der Bürger nimmt jedoch inzwischen hysterische Züge an. Das rechte Lager (mit der CSU als Avantgarde) sieht eine Flut von neuen Hartz IV-Empfängern auf unser Land zukommen (und nennt sie politisch korrekt Rumänen und Bulgaren, obwohl sie doch Roma und Sinti meinen), das linke Lager (z.B. die taz und der Spiegel) möchte diese Debatte am liebsten gleich abwürgen und stellt jede Gegenmeinung empört unter Faschismusverdacht. Beide Lager liegen falsch, denn es fehlt ihnen – und wenigstens das haben alle Extremisten gemeinsam – an Fakten. Woher sollten die auch kommen? Die Regelung gilt erst seit einer Woche und es können von den zuständigen Behörden und Beamten in Bund, Ländern und Gemeinden daher noch gar keine konkreten Zahlen vorliegen. Wir wissen es schlicht und ergreifend nicht, ob gerade die halbe Walachei im Pferdewagen unterwegs zu uns ist oder ob sich ganze Krankenhausbelegschaften auf den Weg machen, um unseren Fachkräftemangel zu beheben. Also: Keine Panik! Abwarten und die Augen offenhalten. Jeder Bürger hat im nächsten halben Jahr Zeit, sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Denn Zuwanderung findet nicht in Talkshows oder auf Parteitagen statt, sondern ganz konkret in unserer Nachbarschaft. Städte und Dörfer müssen sich womöglich auf eine wachsende Nachfrage nach Wohnraum, Arbeits-, Park- und Kita-Plätzen oder was auch immer einstellen. Wir werden in unserer unmittelbaren Umgebung neue Gesichter sehen – oder eben nicht. Daher würde ich in dieser Frage eher dem gesunden Menschenverstand trauen, als dem aufgeregten Gekläffe im Fernsehen oder im Internet. Wir normalen Bürger merken es als erstes – in den gepflegten Wohnvierteln der Horst Seehofers wird schon kein Zigeunerkind die Wäsche von der Leine klauen. Diese Kompetenz sollten wir uns auch nicht durch Medien und Politik nehmen lassen. Und wenn es uns wirklich zu viel und zu teuer mit dieser neuen Regelung wird, sollten wir es als selbstbewusste Bürger und Steuerzahler auch den zuständigen Parteifunktionären und Parlamentariern klarmachen. Gesetze kann man nämlich auch wieder ändern.

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