Sonntag, 11. September 2016

Drei Gedanken zur aktuellen Lage

„Im Liang Shan Po ist kein Platz für Berufshelden. Wir können nur Männer gebrauchen, die an sich zweifeln.“ (Die Rebellen vom Liang Shan Po)
Warum schlägt das politische Pendel gerade nach rechts aus? Da könnte man zunächst mal die Pull- und die Push-Faktoren überprüfen. Was macht die Linke so abstoßend, was macht die Rechte so anziehend? Warum ist das Nationale in Mode, warum ist das Internationale (Kommunismus, Europa, Globalisierung) aus der Mode? Und bevor wir die Faktoren analysieren, müssten wir ja erstmal definieren, was links und rechts überhaupt ist. Rechts ist einfach – aber was ist links? Im vergangenen Jahrhundert fielen einem da die Gewerkschaften, die SPD, die Grünen und die Linken ein. Alle diese politischen Gruppierungen haben sich aber von linken Ideen verabschiedet bzw. haben Klassenverrat begangen, um es etwas härter zu formulieren. Linke Ansichten und ihre Vertreter muss man heutzutage mit der Lupe suchen. Man hört sie nicht mehr. Vielleicht marschiert auch nur deswegen halb Europa stramm nach rechts, weil links nichts mehr ist?
Wir können nicht einerseits Individualisierung und Zerfall von Milieus in der Gesellschaft, Mobilität innerhalb eines Landes und Migration in globalem Maßstab feststellen, um dann andererseits ungerührt von „dem Deutschen“, „dem Bayern“ oder anderen vormodernen Kategorisierungen zu sprechen.
Das Kernprinzip des Kapitalismus wird nie besiegt werden, weil es in uns allen lebt: Die willst so viele Euro auf dem Konto wie möglich, so viele Punkte wie möglich bei einem Computerspiel – und früher haben die Männer meiner Generation Flippergeräte geschlagen und getreten, um Freispiele und Highscores zu erreichen. Die wenigsten von uns sind intellektuell dazu in der Lage, ihrer Gier Grenzen zu setzen. Ohne die anderen Menschen, ohne den „Staat“ hätte eine Mehrheit der Leute sich selbst nicht unter Kontrolle. Hinter diesem Kernprinzip steckt jedoch eine perfide Ideologie, die uns erzählt, alle gierigen und selbstsüchtigen Menschen würden von der gleichen Startlinie ins Rennen gehen. Wie bei einem Computerspiel oder am Flipper. Aber die Kinder der Reichen sind schon am Ziel, wenn die Kinder der Armen noch auf den Startschuss warten. Das ist die Lüge, die wiederum der Kern des Systems ist.
The Cramps - Human Fly. https://www.youtube.com/watch?v=9TR6QuOj-Gw

3 Kommentare:

  1. Boah ist das schön geschrieben und so kurz und treffend.

    In meiner kleinen Welt (nur in Brokdorf mitgelatscht, in Gorleben "campiert", bei der Bunten Liste mit am Tisch gesessen uvam.) ist das sonnenklar. Verrat auf allen Ebenen. Der "lange Marsch durch die Instanzen" war nichts anderes als eine schlecht verbrämte Karriereplanung dieser verlogenen Mittelschichtskinder. Ebenso dieser ganze Emanzenkram bei dem es auch nur um Vorteilsnahme auf Kosten anderer ging. Wer seiner Sache treu geblieben ist ist da längst weg. Der Rest? Negativauslese as usual.


    Das alles ist kein Kapitalismus ("kreditgesteuerte Marktwirtschaft W. Hankel) sondern Feudalismus.

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  2. Mir fällt auf, dass in dieser moralischen Perspektivierung (selbstsüchtige Gier) nicht zwischen der atavistischen Fracht der Rivalität (Flippern u. Ä.) und dem verinnerlichten Gesellschaftsgebot der Konkurrenz unterschieden wird, weswegen es auch zu dieser merkwürdigen Staatsableitung aus einem Mangel derer kommt, die sich nicht zu benehmen wissen.

    Die dazu passenden Ideologien sind aber kein räumliches Dahinter, das der Aufklärer nur ins klar Sichtbare hervorzuzerren bräuchte, damit dieser Unsinn und die Lüge endlich mal aufhörten. Lügen setzen nämlich die Kenntnis des tatsächlichen Sachverhalts voraus, wohingegen Ideologien sehr gut mit der heute als Wohlverhaltensgebot durchgesetzten Vorstellung leben, dass eh niemand nichts Rechtes wissen kann.
    Der von Dir ganz richtig festgehaltene Ausschluß als gesellschaftlicher Grundsachverhalt würde bei allgemeinem Ruchbarwerden so quittiert werden: "Ich danke Ihnen für diese Einschätzung."

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